Jetzt bin ich (Mensch) alt
Jetzt bin ich alt.
Ich sitze hier auf dem langen geraden Flur und warte. Ich warte – aber nichts passiert.
Irgendwann kam einer und sagte: „So geht es nicht mehr: die Wohnung ungepflegt, die Kleidung nicht sauber, und strenger Geruch überall.“
Man rief einen Wagen und brachte mich fort. Fort von der Wärme und dem weichen Fell meines Freundes. Fort von der Pflicht, mich um jemanden zu kümmern.
Sie sagten: „Schaut hier, der Hund kam nicht mehr regelmäßig raus, man sieht es an der Wohnung. Im Napf das Wasser ist alt.“
Sie brachten mich fort. Fort von der Liebe, mit der ich jeden Morgen geweckt wurde. Fort von der Hilfe, die mein Hund mir gab, damit ich meine Wohnung wieder finde.
Sie sagten: „Sie kann nicht mal für sich selber sorgen, wie denn dann noch für ein Tier?“
Sie brachten mich fort. Und die ersten Tage versuchte ich, die Menschen zu überzeugen, dass ich nach Hause muss. Es ist Mittag, und mein Kleiner braucht Futter. Dunkel erinnere ich mich, dass ich danach mit ihm raus muss.
Aber keiner hört mich! – Will mich keiner verstehen?
Man sagt mir, der Hund sei gut untergebracht. Was heißt das? Mein Kleiner gehört doch zu mir!!!
Jetzt bin in ich alt. Ich sitze hier auf dem langen Flur und warte – im Arm meinen Stoffhund. Aber niemand gibt mir die Wärme zurück und die Liebe.
Ich erinnere mich nicht mehr so richtig, aber etwas fehlt…
Autorin: Kerstin Meyer