Lotte
Schon immer habe ich mich in regelmäßigen Abständen auf den Internetseiten der Tierheime in meiner Umgebung umgesehen.
Beim Stöbern auf einer Seite fand ich bereits Anfang des Jahres 2015 Lotte, eine junge, bildhübsche rumänische Hündin, die sehr viel Angst hatte.
Im Laufe des Jahres sah ich immer mal wieder nach und stellte fest, daß Lotte noch nicht vermittelt war. Stattdessen fand ich sie irgendwann auf der „Sorgenkinder-Seite“.
Da mich die Hündin sehr ansprach und ich dachte, vielleicht etwas für sie tun zu können, bot ich dem Tierheim am 28.09.2015 per Mail meine Hilfe an. Leider bekam ich darauf keine Antwort.
So wiederholte ich mein Angebot noch einmal mit einer Mail am 27.10.2015. Doch auch darauf meldete sich wochenlang niemand bei mir. „Seltsam“, dachte ich, „was da wohl los ist?“
Ich beschloß spontan, Lotte einmal zu besuchen, um mir persönlich ein Bild von dieser Hündin zu machen.
In einem langen Gespräch mit dem Pfleger und dem Tenor: “Das können Sie nicht schaffen! Wir haben es ein Jahr lang nicht geschafft, Lotte hat in einem Jahr keinerlei Fortschritte gemacht!“, wurden dann sofort alle Hoffnungen, für Lotte irgend etwas tun zu dürfen oder mit ihr zu arbeiten, zunichte gemacht.
Ich erklärte, wer ich bin und was ich beruflich mache und sprach von einem homöopathischen Konstitutionsmittel und von Bachblüten. „Wir werden hier keinesfalls unsere Hunde unter Drogen setzen“, erklärte der Pfleger bestimmt. – Gleichermaßen fassungslos wie enttäuscht fuhr ich nach Hause.
Ich schrieb einen langen Brief an die Vorsitzende des Tierschutzvereins und bot nun neben heilpraktischer auch tatkräftige Unterstützung an. Bereits einen Tag später fand dann ein langes Gespräch mit dieser Frau am Telefon statt.
Wir einigten uns darauf, daß Lotte einmalig ein Konstitutionsmittel bekam und viermal täglich einige Tropfen einer Bachblütenmischung.
Ich stellte Fortschritte innerhalb der nächsten vier Wochen in Aussicht und versprach, so oft wie irgend möglich zu kommen und mit Lotte zu arbeiten.
Fast täglich fuhr ich also in´s Tierheim und führte die Hündin aus. Panisch versuchte sie anfangs, sich aus ihrem Sicherheitsgeschirr zu befreien, wenn ihr auch nur das kleinste Geräusch, die kleinste Bewegung Angst einjagte. Zu jeder Zeit mußte ich hellwach und auf der Hut sein. Es war alles andere als entspannt…!
Nach den ersten Spaziergängen mit Lotte allein nahm eine ehrenamtliche Gassi-Geherin meine beiden Hunde Bruno und Mara zunächst an die Leine und ging voraus, ich ging mit Lotte hinterher. Es erschreckte Lotte sehr, daß meine beiden dann frei und mal vor oder mal hinter ihr liefen. Sie hatte gern die Kontrolle über alles, was sich um sie herum bewegte.
Langsam näherte sie sich ihnen jedoch an und wurde in ihren Versuchen, sie kennen zu lernen, immer etwas mutiger. Täglich machte sie kleine Fortschritte, so daß ich bereits nach drei Tagen wagte, alle drei Hunde allein mitzunehmen.
In den ersten Minuten der Panik – ausgelöst durch die Kofferraumklappe meines Autos beim Herausnehmen von Mara aus ihrer Box – versuchte Lotte, sich rückwärts aus ihrem Sicherheits-Geschirr zu befreien. Zum großen Glück hatte ich bereits beim allerersten Spaziergang die Information von der Pflegerin bekommen, daß Lotte dies schafft, und konnte entsprechend schnell reagieren.
An dieser Stelle noch einmal ganz herzlichen Dank an das Tierheim, denn sonst wäre es evtl. zu einer Katastrophe gekommen. Damit hätte ich nämlich überhaupt nicht gerechnet!
So vergingen die nächsten Tage, und Lotte lief bald entspannt und freudig mit.
Schon längst hatte ich mein Herz an diese wundervolle Maus verloren!
Ich hatte noch eine große Transportbox, die ich für Lotte brauchen würde, denn sie sollte uns ja demnächst überall hin begleiten. Die Box stellten wir erst einmal ohne Tür in Lottes Zwinger und zwangen sie, sich mit ihr anzufreunden, was recht gut funktionierte. Nach 10 Tagen hängten wir die Tür ein, und Lotte bekam ihr Futter nur noch in dieser Box angeboten. Auch das funktionierte gut.
Immer wieder übten wir (Bruno, Mara und ich) für Lotte schwierige Situationen, z. B. den Aufenthalt im Tierheim unter einem großen Sonnenschirm, unter dem Gartenmöbel standen. Schon das Zurückschieben eines Gartenstuhls oder fremde Menschen lösten bei Lotte regelrechte Panikattacken aus.
Vorbeigehen an dem Traktor, der gerade das Feld umpflügte, klappernden Schubkarren und flatternden gelben Säcken, dem Laubsauger etc. – das alles wurde für Lotte leichter, indem meine beiden Hunde sie begleiteten und sie sah, daß die keinerlei Unsicherheiten zeigten.
Vieles erinnerte mich hier an die erste Zeit mit Donna und daran, wie unendlich anstrengend (vor allem körperlich) die war – nur hatte Donna damals keinen sicheren Hund an ihrer Seite…
Nach drei Wochen täglicher Arbeit mußte Lotte lernen, im Auto mitzufahren. Zuerst setzten wir sie in die große Box und stellten diese in den Kofferraum. Da ich jedoch demnächst alles allein händeln mußte und die Box dafür viel zu schwer war, fuhr sie am nächsten Tag frei im Kofferraum mit, was für sie sichtlich angenehmer war.
Neugierig sah sie während der Fahrt aus dem Auto. Zum Glück wurde ihr weder schlecht noch versuchte sie, das Netz oder ihre Decken zu zerbeißen.
Nach 15-20 min der „Stadtrundfahrt“ absolvierten wir den täglichen 90minütigen Spaziergang mit anschließender Übungs-Einheit unter dem Sonnenschirm, oder ich setzte mich mit ihr noch einmal für 15 Minuten in den Kofferraum meines Autos.
Das alles wurde jeden Tag entspannter, und es machte sehr viel Spaß, zu sehen, wie sehr Lotte Fortschritte machte.
Allerdings schaffte ich es nicht ein einziges Mal, daß sie mit mir das Büro des Tierheims betrat. Wie ich sie in meine Wohnung mitnehmen sollte, war mir ein Rätsel, denn Lotte hatte noch niemals ein Haus geschweige denn eine Wohnung betreten…
Vier Wochen hatten wir nun zusammen gearbeitet, dann durfte ich diesen kleinen Schatz endlich mitnehmen. Nachdem Lotte aus dem Kofferraum meines Autos gesprungen war, lief sie freudig mit Bruno und Mara in das Haus – und dann in meine Wohnung. Ich war fassungslos! Schon im Vorfeld hatte ich mir mehrere Möglichkeiten überlegt, wie sie halbwegs angstfrei mein Wohnzimmer hätte erreichen können…
Und dann war sie da! Diese Hündin, die ein Jahr lang nur aus Angst zu bestehen schien und nicht zu vermitteln war! Ihre erste Amtshandlung bestand darin, die große Spielkiste komplett auszuräumen und jedes Spielzeug persönlich kennen zu lernen – und danach meine Katze, von der sie zunächst ebenfalls glaubte, sie sei ein Stofftier.
Erklärte ihr Bruno in den ersten drei Tagen mehrfach, daß er hier das Sagen habe, nahm sie ihn schon bald nicht mehr ernst.
Es hatte den Anschein, als hole sie erst einmal ihre gesamte Kindheit nach.
Lotte hatte vermutlich ihr gesamtes kurzes Leben im Tierheim verbracht – sie kannte nichts. Jeden Tag zeigte ich ihr etwas Neues, und sie wurde von Tag zu Tag ein wenig sicherer.
Am 3. Tag nach dem Einzug wagte ich einen gemeinsamen Spaziergang mit meiner Freundin durch die Flora Westfalica mit anschließendem Besuch im Seecafé – für einen so ängstlichen Hund eine echte Herausforderung!
Lotte machte alles mit, ohne in Panik zu verfallen.
Ich staunte immer nur, wie gelassen sie inzwischen war!
Sie bekam noch ein weiteres homöopathisches Mittel in zwei verschiedenen Potenzen, und heute – nur sechs Wochen nach ihrem Einzug – ist es, als sei sie schon immer bei uns gewesen. Wir hatten bisher nicht ein einziges Problem – bis auf einen unfreiwilligen Ausflug in den ersten Tagen (s. u.)…
Ich habe keine Ahnung, ob wir ohne die homöopathischen Hilfen und die Bachblüten heute da wären, wo wir sind. Vermutlich nicht. Ich kann nur allen Menschen Mut machen, sich Hilfe zu suchen in der alternativen Medizin – wenn die Arbeit mit solchen Angst-Hunden nicht zum gewünschten Erfolg führt.
Diese Mittel sorgen sehr sanft dafür, daß alte Traumata heilen können, die Hunde selbstbewußter werden, wieder in ihre Mitte kommen und das Erlernte sich festigt. Sie geben dem Tier mehr Gelassenheit und mehr Lebensfreude. Und ein fröhlicher, zufriedener Hund gibt seinem Menschen ein sehr gutes Gefühl.
Bruno, Mara und Lotte sind ein tolles Team! Sie spielen, fressen und toben gemeinsam, sind immer zusammen unterwegs.
Seit Lottes Einzug ist unsere Familie komplett, und ich kann dieses Glück noch immer kaum fassen, denn ein dritter Hund war nie geplant. Mit Lotte wurde mir „von oben“ ein riesengroßes und völlig unerwartetes Geschenk gemacht. Und dafür bin ich aus tiefstem Herzen dankbar!
Engel haben dienstags keine Sprechstunde
Hilfe, Lotte ist weg!
Dienstag, 08. Dezember 2015. Ich hatte einen Termin bei Andrea, meiner Freundin, um ihr Lotte vorzustellen.
Nach einer anstrengenden Autofahrt mit üblem Stau auf der Autobahn 2, eingepfercht zwischen Hunderten von LKW, kamen wir dann leicht gestreßt, aber glücklich eine halbe Stunde zu spät bei Andrea an.
Lotte waren Da Vinci und Odin, Andreas Hundefreunde, nicht ganz geheuer, war sie doch nach neun Tagen in ihrem neuen Zuhause noch nicht sehr routiniert im Umgang mit fremden Fellen. Doch da sie gern Kontakt zu ihnen aufnehmen und sich umsehen wollte, schlug Andrea vor:
„Conny, lein´ sie doch einfach ab. Du weißt ja, daß sie hier nicht weg kann. Dann kann sie selbst entscheiden, was sie tun möchte.“
Ich hatte alles andere als ein gutes Gefühl dabei. „Du weißt doch, daß hier niemand über die Zäune kommt“, sagte Andrea, „es ist unmöglich, hier auszubrechen! Ich wohne hier 14 Jahre, und noch niemals ist ein Tier über diese Zäune gekommen. Das geht gar nicht!“
Andrea kannte ich seit elf Jahren, und wenn es einen einzigen Menschen auf dieser Erde gibt, dem ich mehr vertraute als mir selber, dann war sie es. Also leinte ich das Lottchen ab.
Freudig liefen alle fünf Hunde über das riesengroße Grundstück. Lotte lernte Odin und Da Vinci vorsichtig näher kennen und schien kein Problem damit zu haben, denn sie konnte nun selber bestimmen, welchen Abstand oder welche Nähe sie zu ihnen haben wollte.
Immer mal wieder riefen wir Lotte zu uns, und sie kam sofort. Jedes Mal!
Ich war positiv überrascht, wie gut sie nach kaum neuen Tagen schon gehorchte, und mit welcher Freude sie angelaufen kam. „Ich bin beschäftigt“, teilte sie aber gleichermaßen mit, „hier gibt es unglaublich viel zu entdecken!“ Und glücklich lief sie wieder weiter!
„Wie toll das alles klappt“, dachte ich, „sie ist einfach wundervoll!“
Andrea und ich hatten uns einiges zu erzählen, doch alle paar Minuten kontrollierten wir, wo sich die Hunde gerade aufhielten. Zwei Stunden lang war alles gut.
„So, ich muß jetzt gehen“, sagte ich, „Du und ich müssen schließlich noch ein bißchen arbeiten.“ Ich packte meine Sachen zusammen und teilte Bruno und Mara mit, daß wir nun wieder mit dem Auto nach Hause fuhren. Odin und Da Vinci kamen angelaufen, um uns zum Tor zu begleiten. Nur das Lottchen fehlte.
„Na wo sie wohl ist, und was sie wohl gerade entdeckt hat“, dachten wir. So riefen wir immer wieder ihren Namen und suchten auf dem gesamten Grundstück.
Lotte blieb verschwunden.
„Das kann nicht sein!“, sagte Andrea. „Die kann nicht vom Grundstück, das geht gar nicht. Sie muß hier irgendwo stecken!“ Weiter riefen und suchten wir nach Lotte, doch sie blieb verschwunden.
Nach einer Stunde verständigte ich das Tierheim und die Polizei. Frau H. aus dem Tierheim war ebenso fassungslos wie überrascht. „Aber sie kann doch gar nicht von diesem Grundstück gelangen“, sagte sie zu uns, „das geht doch gar nicht!“
Frau H. kannte Andrea und dieses Grundstück, da sie schon Seminare dort besucht hatte. Sie wußte, wie hoch die Zäune dort sind, und daß es wirklich nicht möglich war, diese zu überwinden. Und doch schien es so zu sein, daß Lotte es irgendwie geschafft haben mußte.
Andrea und ich suchten den ganzen Nachmittag die ganze Umgebung ab. Nichts. Nirgendwo eine Spur, nirgendwo zeigte sie sich auch nur den Bruchteil einer Sekunde.
Als habe die Erde sich aufgetan und sie verschluckt.
Stundenlang waren wir mit dem Auto oder zu Fuß, mit und ohne unseren Hunden unterwegs. Das Ergebnis blieb dasselbe.
Am frühen Abend fuhr ich nach Hause, da es bereits stockdunkel war. Ich malte mir die schlimmsten Dinge aus. Von daß sie verletzt und hilflos irgendwo lag über ertrunken bis dahin, daß sie eingefangen, eingesperrt und für die Produktion von wunderschönen Welpen mißbraucht wurde und ich niemals wieder von ihr hören würde. Ich würde meines Lebens nicht mehr froh werden. Das würde ich mir niemals verzeihen!
Allen möglichen Menschen teilte ich mit, was geschehen war. Schon seit etlichen Stunden hatte ich alle paar Minuten Stoßgebete nach oben geschickt und Gott, Jesus Christus, das Universum und alle möglichen Engel um Hilfe gebeten. Doch auch von dort kam nichts.
Andrea sagte zwischendurch mehrmals: „Conny, sie ist hier. Sie ist ganz nah. Ich weiß das.“ „Na toll“, dachte ich, „dann bitte sie doch einfach, daß sie sich zumindest mal zeigt.“ Das wird Andrea wohl getan haben, machte sie sich doch selbst die allergrößten Vorwürfe. Aber nichts geschah.
Freunde und Bekannte versprachen, mit „denen da oben“ zu sprechen, Kerzen anzuzünden und unsere Bitten weiterzuleiten. Inez, mein Engelmedium, sagte ebenfalls, daß Lotte auf diesem Grundstück sei und ich hinfahren und sie ohne Begleitung meiner Hunde dort suchen soll.
Ich würde sie dort finden, ganz sicher!
Ich „befragte“ mein Pendel und kam zu genau derselben Antwort. Allerdings konnte ich Andrea nicht erreichen, um sie zu bitten, mir das Tor zu öffnen. Von außen war es genau so unmöglich, auf das Grundstück zu gelangen, wie es von innen unmöglich war, dieses zu verlassen. Und eine Klingel gab es nicht. Ein Hochsicherheitstrakt im Gefängnis ist nichts dagegen! Dieser Zaun schützte Andreas Katzenfamilie vor der stark befahrenen Straße und somit vor dem sicheren Tod. Selbst wenn ich Lotte von außen gesehen hätte, so wäre es unmöglich gewesen, sie mit nach Hause zu nehmen.
Also war ich irgendwann gezwungen, in´s Bett zu gehen ohne irgend etwas tun zu können. Ich haderte längst mit „denen da oben“, fühlte ich mich vom Schicksal mal wieder bestraft. „Warum in aller Welt mußte das geschehen???“, hätte ich die Engel am liebsten angeschrien. Und wieder kam NICHTS, keine Energie und schon gar keine Antwort.
Um 07:30 Uhr riß mich das Telefon aus dem Schlaf.
Andrea hatte schon zweimal auf dem Handy versucht, mich zu erreichen, doch obwohl es neben mir lag, hatte ich das nicht gehört. Ich muß irgendwann in den Mogenstunden fest eingeschlafen sein.
„Conny, ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht“, sagte sie, „welche möchtest Du zuerst hören?“ „Die schlechte“, sagte ich und erwartete, zu hören, daß Lotte irgendwo verletzt oder gar tot gefunden worden war.
„Ich komme nicht ran“, teilte Andrea mit. „Sie lebt?“, fragte ich erleichtert. „Ja“, sagte Andrea, „Christoph und ich haben gestern Abend das gesamte Grundstück noch einmal abgesucht, jeden Grashalm umgedreht, in alle Mauselöcher geguckt – nichts! Heute nacht war ich dreimal draußen und habe wieder gesucht. Nichts. Und heute morgen sehe ich Lotte am Tor entlang laufen. Aber sie kommt nicht zu mir. Odin hat sie freudig begrüßen wollen, doch sie läuft weg.“
„Ich komme“, antwortete ich grenzenlos erleichtert und dankte dem Universum aus tiefstem Herzen für diese Nachricht.
Ich packte Lottes Quietsche-Teddy, die leckersten Leckerchen und ihr liebstes Dosenfutter ein und fuhr los. Immer wieder schickte ich Bitten nach oben, sie möge doch heile zu mir zurück kommen.
Allein ging ich dann über Andreas Grundstück. Immer und immer wieder rief ich Lottes Namen. NICHTS. Ich quietschte mit ihrem Teddy, sah wieder und wieder in jeden Winkel. NICHTS.
„Das kann doch nicht sein!“, dachte ich und war langsam am Ende meiner Kräfte und meiner Hoffnung. „Sie soll sich doch mal irgendwo zeigen, damit ich auch sicher sein kann, daß sie WIRKLICH noch hier ist!“
Nach einer Stunde kam Andrea heraus. „Conny, ich mach´ Dir mal da hinten das Tor auf. Geh mal zu diesem Zaun dort hinten, irgendwas ist da.“
Ich lief durch den Matsch und rief immer und immer wieder nach meinem Hund. Plötzlich stand sie da und sah mich an. Lotte, meine Lotte! „Bist Du´s wirklich?“, schien sie zu fragen. „LOTTE!“, rief ich, „Mausi, was machst Du denn für Sachen!“ Offensichtlich war sie unverletzt.
Freudig erkannte sich mich und versuchte, irgend einen Weg zu mir zu finden, aber das war unmöglich. Der Zaun war 2 m hoch.
Ich verließ Andreas Grundstück, lief außen am Nachbargrundstück vorbei und sah Lotte weit entfernt am Zaun stehen. Wieder rief ich ihren Namen. Für einen Moment erstarrte sie zur Salzsäule, als könne sie es selber kaum glauben.
Dann kam sie im Galopp zu mir. Gierig fraß sie das mitgebrachte Futter, ließ sich an die Leine nehmen und ging erleichtert mit zum Auto, wo sie freudig in den Kofferraum sprang. Völlig erschöpft und voller Matsch und Schlamm legte sie sich auf ihre Decke. „Endlich!“, schien sie sagen zu wollen.
Sofort rief ich im Tierheim und bei der Polizei an und gab Bescheid. Auch sie waren grenzenlos erleichtert.
„DANKE!“ gab ich nach oben. „DANKE, DANKE, DANKE!!!!
Mußte Lotte sonst während der Fahrt immer aus dem Fenster sehen, ging nun ihr Kopf nicht ein einziges Mal hoch. Sie war fix und fertig. Und ich auch!
Fröhlich lief sie in die Wohnung und teilte Bruno und Mara lautstark mit, daß sie unendlich froh war, wieder bei uns zu sein. Sie bekam noch eine Mahlzeit, die sie ebenso gierig verschlang, und liegt seitdem grenzenlos erschöpft in ihrem Korb.
Ihre Pfoten sind etwas wund, weil sie vermutlich die ganze Nacht versucht hat, uns zu finden. Ansonsten ist ihr bis auf die körperliche Erschöpfung und die Erleichterung nichts anzumerken.
Das passiert mir niemals wieder! Niemals wieder werde ich mich gegen das entscheiden, was mein Bauch mir mitteilt! Und niemals wieder werde ich einem anderen Menschen mehr vertrauen als mir selber – und wenn ich ihn noch so sehr schätze und ihm noch so sehr vertraue! Diese Erfahrung brauche ich nicht noch einmal – und Andrea sicher auch nicht.
Und:
Engel haben dienstags offensichtlich keine Sprechstunde!