Abschied von Gismo
Dass der Tag einmal kommen würde, war uns klar, dennoch konnte dieses Wissen unseren Schmerz nicht verhindern – aber zumindest mildern.
Noch vor Jahren hatte ich eine übermächtige Angst vor diesem Tag. Ein Tag – so dachte ich damals – der ALLES beendet. Ein Tag, der unseren kleinen Gismo sterben und uns keine Hoffnung lässt.
Doch dann machte ich mich durch ein anderes Leid auf die Suche nach dem Sinn des Lebens. Und diese Suche veränderte meine atheistische Prägung für immer. Heute glaube ich daran, dass wir alle beim Sterben nur unsere Hülle, den Körper, ablegen. Die Seele lebt in einer geistigen Welt weiter, die für unsere Augen unsichtbar ist. Mit diesem Wissen war es meinem Mann und mir möglich, die Sterbebegleitung für unseren Gismo zu leisten.
Er hatte einen Herzklappenfehler, der frühzeitig (seit seinem
5. Lebensjahr) homöopathisch behandelt wurde. In seinen letzten beiden Lebensjahren reichte dies dann nicht mehr aus, und er bekam Herz- und Entwässerungstabletten, die ihm zu einer guten Lebensqualität verhalfen.
In den letzten Julitagen des Jahres 2008 verschlechterte sich sein Zustand jedoch dramatisch. Eine medikamentöse Behandlung zeigte keinerlei Wirkung mehr. Wir entschieden dann – nach tagelangem Ringen – die tierärztliche und auch tierheilpraktische Behandlung völlig einzustellen und der Natur ihren Lauf zu lassen.
Obwohl er bisher keinen Tag ohne Entwässerungstabletten leben konnte, ohne starke Hustenanfälle zu bekommen, so verhielt sich sein sterbender Körper zu unserer Überraschung nun völlig anders. Er hat in seinen letzten Lebenstagen nicht ein einziges Mal gehustet.
Da wir nun schon so lange mit ihm zusammenlebten (fast 15 Jahre), konnten wir einschätzen, dass er keine Schmerzen hatte. Er war stets ansprechbar und interessiert. Nur sein Körper hat ihm jeden Tag den Dienst ein bisschen mehr verweigert. Wir haben eine Woche Urlaub genommen und waren rund um die Uhr für ihn da. Viele Abende glaubten wir, dass er am Morgen wohl nicht mehr bei uns sein würde. Aber er schlug wieder die Augen auf, und unsere Gefühle fuhren Achterbahn zwischen Erleichterung und Angst.
Wenn wir Cornelia Siewert in dieser Zeit nicht gehabt hätten, hätten wir diese Belastung nicht durchstehen können. Wir telefonierten täglich miteinander und berichteten ihr von Gismos Zustand. Sie sprach uns Mut zu, Gismo auf natürliche Weise sterben zu lassen, solange er keine Anzeichen von Schmerzen zeigt.
Irgendwann war er so schwach, dass er nicht mehr aufstehen konnte. Uns war nicht klar, wie viele Abstufungen es von „wenig“ geben kann. Gefressen hatte er vor mehreren Tagen das letzte Mal. Das Wasser haben wir ihm dann versucht ein bisschen einzuflößen.
Eines Morgens, es war der 07.08.2008, war es dann soweit. Wir erwachten nach einer unruhigen Nacht, denn Gismo hatte mehrfach versucht aufzustehen. Auch am Morgen war er unruhig. Ich glaubte, dass er pullern muss und trug ihn in den Garten. Ich setzte ihn ab, aber er hatte nicht mehr die Kraft allein zu stehen. Er sank ganz langsam auf die Seite und mit einem letzten tiefen Einatemgeräusch ist er dann von dieser Welt gegangen. Er lag inmitten gelb blühender Blumen, es war 7.00 Uhr und ich hörte die Kirchenglocken in der Ferne läuten. Es war ein friedliches Bild, wie er so dalag. Ich lief in´s Haus um meinen Mann zu holen. Wir saßen noch einige Zeit im Schlafanzug neben ihm im Garten, bevor wir ihn in´s Haus trugen und in sein Körbchen legten. Wir haben viel geweint und ich bin immer und immer wieder zu ihm gegangen und habe ihn gestreichelt.
Wir hatten ihn für zwei Tage noch bei uns, um richtig Abschied zu nehmen. Er hat sich in dieser Zeit verändert. Er war plötzlich nicht mehr unser Gismo. Das haben wir so empfunden. Die Seele, die ihn einst ausmachte, war nicht mehr in diesem kleinen Körper.
Am 09.08.2008 (zwei Tage, nachdem er gestorben war) haben wir ihn dann um 7.00 Uhr in unserem Garten beerdigt.
Wir sind dankbar, dass wir einen so wunderbaren Hund fast
15 Jahre bei uns haben durften. Er wird für immer einen Platz in unseren Herzen haben.
Und wir sind sehr dankbar für diese Erfahrung. Wir haben gelernt, mit dem Tod umzugehen, ihn anzunehmen und nicht als ein Ende von ALLEM zu betrachten.
Wir freuen uns schon, unseren Gismo später einmal im Geistigen wiederzusehen.
Kathleen und Bengt Kuhlbars